Tag der deutschen Sprache: 8. September 2012

Morgen ist Tag der deutschen Sprache. Das sollte Anlass genug sein, um einen kritischen Blick auf die Sprachkultur österreichischer Unternehmen und Organisationen zu werfen – schließlich sind sie die Urheber eines Großteils der Texte, die täglich auf uns niederprasseln. Laufend werden Broschüren, Websites und andere Informationsträger produziert; meist mit dem Ziel, Kunden, Geschäftspartner und Zielgruppen möglichst positiv zu stimmen sowie nachhaltig zu beeindrucken. Täglich werden tausende von elektronischen und postalischen Briefen verschickt, um Botschaften zu vermitteln und Wirkungen zu erzielen. Doch die Botschaft kommt zu oft nicht an und die Wirkung bleibt aus. Denn einer der häufigsten Sprach-Fehler ist der Irrglaube, komplizierte, umschweifende Texte seien wichtig, um sich hervorzuheben und in Erinnerung zu bleiben – genau das Gegenteil ist der Fall.

Wer kompliziert formuliert, verliert
In vielen Unternehmen, Organisationen und bei vielen Menschen herrscht die Meinung vor, man müsse sich möglichst geschwollen ausdrücken, um bei den Informationsempfängern zu punkten. Der Kardinalfehler dabei lautet Innenperspektive statt Außenperspektive: Man versetzt sich nicht in die Lage der anderen, sondern schreibt aus dem eigenen Blickwinkel heraus. Damit beeindruckt man möglicherweise sich selbst, aber sicher nicht die angepeilten Empfänger der Information. Denn schwer verständliche Texte werden gar nicht erst wahrgenommen, sondern überlesen. Sie sind schon vergessen, bevor sie irgendeine Wirkung erzielen können – geschweige denn, positiv in Erinnerung bleiben.

Das Gehirn arbeitet im 3-Sekunden-Takt
Die Hirnforschung hat herausgefunden, dass unser Kurzzeitgedächtnis Informationen nur ca. drei Sekunden lang speichert, bevor sie entweder weiterverarbeitet oder ungenutzt verworfen werden.[1] Das heißt: Um möglichst gut wahrgenommen zu werden, muss man seine Botschaft in lauter 3Sekunden-Pakete packen. Trotz dieser recht klaren Prämisse werden auf die Menschen noch immer Texte wie dieser losgelassen: „Unsere Spezialisten des Fachbereichs Öffentliche Unternehmen beraten die öffentliche Hand und ihre Unternehmen hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen sowie insbesondere ihrer wirtschaftlichen Betätigungen und erbringen dabei unterschiedlichste Steuerberatungsdienstleistungen im öffentlichen Sektor und damit verbundene wirtschaftsrechtliche Beratungsleistungen.“ – oder wie dieser: „Bewusstes Umweltverhalten erreichen wir bei unseren Mitarbeitern durch gezielte Aufklärung und Bewusstseinsbildung sowie die Ermittlung und Bewertung von Umweltaspekten und eine entsprechende Auswahl an umweltverträglichen Reinigungsmitteln und -techniken.“

Komplizierte Texte sind leicht zu schreiben und schwer zu lesen; einfache Texte sind schwer zu schreiben und leicht zu lesen – so hat es der bekannte deutsche Sprachexperte Wolf Schneider ausgedrückt. Man könnte auch sagen: Mit der Sprache ist es wie beim Fliegen – je weniger Ballast man mitnimmt, desto schneller kommt man ans Ziel.

Klare Regeln für gute Sprache
Neben diesen gibt es einige weitere Regeln, um mit sprachlichen Mitteln zu überzeugen und dafür zu sorgen, dass eine Botschaft in Erinnerung bleibt. Beispielsweise kurz statt lang, aktiv statt passiv, Zeitwörter statt Hauptwörter und einige andere. Auch der richtige Umgang mit Satzzeichen ist ein oft übersehenes, dabei aber höchst wirkungsvolles Hilfsmittel, um Texte eingängig und prägnant zu machen. Durch das konsequente Anwenden einfacher Regeln wird Sprache lebendig, klar und leicht verständlich – mit dem Vorteil, dass man die Aufmerksamkeit der Empfänger weckt und seine Botschaft effizient vermittelt.

Korrekte Grammatik und Rechtschreibung sowie die richtige Anwendung der unterschiedlichen Zeitformen sind weitere wichtige Faktoren, um Texte so zu gestalten, dass möglichst alle wissen, was man meint. Die Ästhetik der Sprache mag eine subjektive Angelegenheit sein – ihre Wirkung als Informationsmedium aber hängt von objektiven Kriterien ab. Diese sollten sich Unternehmen und Organisationen zunutzemachen, um mit den Menschen bestmöglich zu kommunizieren. Sie dienen damit ihren eigenen Interessen und tragen zu einer Verbesserung der Sprachkultur in unserem Land bei. In einem weiteren Sinne ist es schließlich auch eine Frage des Respekts, sich so auszudrücken, dass die Botschaft für alle Leser möglichst klar erfassbar ist.

[1] http://www.welt.de/wissenschaft/article3509843/Warum-Musik-den-Menschen-klug-macht.html

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