Der textblog im März 2010:

Haben Sie eine Zeit?

Blöde Frage, was? (Jedenfalls eine schlecht formulierte.) Eine Zeit haben  kann man nicht, ebenso wenig wie man einen Hunger hat oder eine Angst. Wie in meinem Eintrag vom 5. 3. angekündigt, möchte ich mich hier einmal dem Thema der unbestimmten Artikel widmen. Ich finde nämlich, dass diese sehr oft an Stellen eingesetzt werden, wo man sie besser weglassen oder durch bestimmte ersetzen sollte.

Das Weglassen oder Ersetzen unbestimmter Artikel ist einerseits eine Stilfrage. Doch auch die Prägnanz eines Textes kann dadurch verbessert werden.  Niemand würde ernsthaft sagen „Ich habe einen Hunger.“; wir alle wissen, dass es heißen muss „Ich habe Hunger.“ Aber gehen wir nun einen kleinen Schritt weiter: „Motorradfahren macht ihm einen großen Spaß.“ In diesem Fall ist nicht mehr ganz so leicht zu erkennen, dass der unbestimmte Artikel entbehrlich ist. Die Alternative klingt jedoch zweifelsfrei schöner: „Motorradfahren macht ihm großen Spaß.“
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Des Duden Antwort

Na bitte, ich habe auf meinen zugegebenermaßen etwas skurrilen Einwand zum Thema „im Dunkeln“ (siehe betreffenden Blogeintrag vom 19. 2.) eine Antwort erhalten. Diese liest sich folgendermaßen:

„Im ‚Duden  Richtiges und gutes Deutsch‘ finden Sie zu dem von Ihnen angesprochenen Thema folgende Ausführungen (Stichwort Adjektiv):

1.2.13 ein ebenes / ebnes Gelände  ein dunkeler / dunkler Gang

(Weglassen des e): Bei den Adjektiven auf -el fällt das e dieser Buchstabenverbindung in der Deklination und im Komparativ weg. Dadurch wird das Auftreten einer Häufung unbetonter Silben vermieden: ein dunkler Gang, ein nobles Angebot, eine eitle Frau. Früher ließ man bei solchen Adjektiven stattdessen häufig das e der Flexionsendung -en weg: im dunkeln Hain usw.

Auch die Adjektive auf -abel und -ibel verlieren, wenn sie dekliniert oder gesteigert werden, das e der Endsilbe: eine respektable Leistung, ein flexibler Bucheinband, eine praktikablere Lösung. […]

Duden – Richtiges und gutes Deutsch, 6. Aufl. Mannheim 2007

Die Redensart ‚Im Dunkeln ist gut munkeln‘ zeigt also den Lautstand, wie er im älteren Deutsch noch üblich war. Aus Gründen des Reims hat sich hat sich hier die Verkürzung des Suffix -en entgegen der heute üblichen Verkürzung des -el erhalten.“

OK, ein diplomatisches Urteil: beides möglich, wobei „im Dunkeln“ die ältere und „im Dunklen“ die heute üblichere Form ist.

Bitte betätigen Sie die Tür!

Hallo! Was sagen Sie zum Titel dieses Artikels? Klingt komisch, oder? Eine Tür kann man doch nicht betätigen, man kann sie öffnen, schließen, einschlagen, anmalen, ignorieren und vieles andere. Aber betätigen? Das ist vielleicht streng grammatikalisch richtig, aber wie klingt denn das? Zum Davonlaufen, finde ich. Insoferne passt es sogar zum folgenden Beispiel, denn das hat auch etwas mit Flucht zu tun:

Es gibt nämlich jemanden, der findet, Türen müssen betätigt werden. Ich kenne die betreffende Person nicht, aber sie betätigte sich jedenfalls bei den Wiener Linien oder einem ihrer Lieferanten. Sehen Sie das nächste Mal, wenn Sie in Wien U-Bahn fahren, nach links oben an der Innenseite der Tür!  Sie werden dort einen Pfeil entdecken, auf dem dick und fett geschrieben steht: „Türnotbetätigung“. Tut mir leid, Wiener Linien, auch wenn ich noch so sehr in Not bin, ich will die Tür nicht betätigen, höchstens möchte ich sie öffnen – schlicht und einfach. Warum steht da nicht einfach „Türnotknopf“ oder „Türnotöffner? Weil es wichtiger klingt, wenn es kompliziert formuliert ist? Ja, das scheint bei manchen Texten tatsächlich die Motivation für unklare Ausdrucksweise zu sein. (Nein, ich habe nicht auf „eine“ vergessen – zu diesem Thema werde ich auch einmal einen Artikel schreiben.) Daher sei es nochmals in die Welt hinausgerufen: Komplizierte Formulierungen klingen nicht wichtiger, sie sind nur schlechter verständlich!