Der textblog im Januar 2011:

Das Superste ist am genialsten.

Wie man mit Superlativen in der Werbung richtig umgeht, hat neulich eine doppelseitige Peugeot-Anzeige  in einem englischen Automagazin gezeigt. Das beworbene Mittelklasse-Modell wird in Gesellschaft eines Ferrari, eines Aston Martin und eines Porsche gezeigt. Darüber steht die Headline: „Slowest in its class.“ Wunderbar – eine grandiose  Mischung aus Selbstironie und Eigenlob, die Sympathie weckt, Aufmerksamkeit erzeugt, zum Lachen bringt und in Erinnerung bleibt.

Anders sieht die Sache aus, wenn ein Superlativ ausgequetscht wird wie eine Zitrone: Die erwünschte positive Wirkung  kann dann leicht ins Gegenteil kippen. Ein Verkäufer, der mir sein Produkt mit den Worten „Das ist das Optimalste, das Sie je gesehen haben“ anpreist, verspielt seine Glaubwürdigkeit. Das liegt eigentlich auf der Hand.

Warum also entscheiden sich die Tourismusmanager von Kitzbühel für die Headline „Die legendärste Sportstadt der Alpen“? Und was treibt den Redakteur im neuen „trend“ dazu an, seinen Bericht über das Adlon in Berlin mit „Deutschlands legendärstes Hotel“ zu betiteln?

Vielleicht, weil sie glauben, wenn’s echt beeindrucken soll, kann nur das Superste am genialsten sein.

Zu viele „in“ sind das Aus für jeden Satz.

Fünf Mal „in“ hintereinander in einem Satz – das kann nicht gutgehen: „Das Kraftwerk Kaprun ist eine Gruppe von Wasserkraftwerken in den Hohen Tauern im Kapruner Tal in der Gemeinde Kaprun im Bundesland Salzburg in Österreich.“ Das klingt wie eine sprachliche Babuschka-Puppe: Wo immer du aufmachst, es ist noch etwas drin. Außerdem: „Das Kraftwerk … ist eine Gruppe von Kraftwerken …“ klingt auch nicht gerade logisch. Mit solchen Texten langweilen Sie ihre Leser und verlieren deren Aufmerksamkeit. Wie wär’s mit dieser Alternative: „Die Kraftwerke Kaprun bestehen aus mehreren Wasserkraftwerken im Kapruner Tal der Hohen Tauern. Sie gehören zur Gemeinde Kaprun im österreichischen Bundesland Salzburg.“

Nicht alle, die zusammenkommen, wollen zusammen kommen.

Wenn jemand zwischen getrennter und verbundener Schreibweise nicht unterscheiden kann, dann wird’s manchmal ungewollt komisch. Folgendes habe ich heute in einem Newsletter gelesen: „Wenn Menschen zusammen kommen, dann setzt der seine Ziele am ehesten durch, der mehr Sicherheit ausstrahlt.“ Ich würde sagen, wenn Menschen zusammen kommen, ist das Ziel erreicht. Wer da noch etwas durchsetzen will, hat irgendwie nicht verstanden, worum’s geht …

Wenn gegenüber getreten wird, tut’s der Sprache weh

Neulich las ich in einer Wirtschaftstageszeitung einen Artikel über das Problem der Gratismentalität im Internet, mit der Verlage zu kämpfen haben. In dem Bericht wird ein Verlagsmanager mit folgenden Worten zitiert: „Wir müssen den Mut  haben, mit unseren Vertriebspreisen dem Leser gegenüber zu treten.“ Aua! Das tut weh, nicht nur bildlich, sondern auch sprachlich.

Worauf treten die denn da gegenüber dem Leser – hoffentlich nicht auf ebendiesen. Gegen eine Wand vielleicht, vor lauter Enttäuschung. Und überhaupt – wo finden sie denn diesen Leser, dem gegenüber sie dann auf irgendetwas treten wollen?

Fragen über Fragen – die sich allerdings nicht stellen würden, wenn hier jemand nicht getrennt hätte, was zusammengehört: nämlich das Verb „gegenübertreten“. Ich kann jemandem in vielfältiger Weise gegenübertreten, aber nur selten jemandem gegenüber treten – das ergibt höchstens beim Fußballspielen ansatzweise Sinn.

Solche sinnbefreiten Trennungen zusammenhängender Zeitwörter sind die Folge einer Fehlinterpretation der letzten Rechtschreibreform, die in bestimmten Fällen die Trennung vorschreibt; wann getrennt wird und wann nicht, kann man z. B. hier nachlesen.

Mein Appell an alle, die für unsere Sprache etwas übrighaben: Werft euer Sprachgefühl wegen einer Reform nicht gleich über Bord, und trennt nicht, was sinnvollerweise zusammengehört! Auch „übrighaben“ gehört übrigens in diesem Fall  zusammenhängend geschrieben, weil es im übertragenen Sinne gemeint ist – genauso wie eben auch  „gegenübertreten“.

Ist das Jahr neu oder Neu?

Liebe Textblog-Leser, ich wünsche euch ein schönes, glückliches und erfolgreiches neues Jahr. Hier eine Liste dessen, was mir in letzter Zeit an Wünschen so begegnet ist, was ich euch aber dennoch nicht wünsche:

– ein gutes, neues Jahr; das wünsche ich euch deswegen nicht, weil das Jahr auf jeden Fall neu ist, da können wir machen was wir wollen, Wunsch hin oder her. Das neue Jahr ist nämlich ein zusammengehörendes Begriffspaar, daher ist der Beistrich zwischen den Worten „gutes“ und „neues“ natürlich fehl am Platz.

– ein gutes Neues Jahr; wünschenswert ja, aber dennoch falsch geschrieben. Das beginnende Jahr ist einfach nur neu, so wie das vergangene alt ist – da gibt es keinen Grund, das Eigenschaftswort „neu“ groß zu schreiben. Anders verhält es sich zum Beispiel beim „Heiligen Abend“. Hier wird das Adjektiv groß geschrieben, weil es ein Bestandteil des Eigennamens ist.

– ein gutes neues Jahr! Das wünsche ich euch auch nicht, weil das Rufzeichen den Wunsch nicht besser oder stärker macht. Anders wäre es, wenn ich euch auffordern würde: „Habt ein gutes neues Jahr!“ In diesem Fall ist der Wunsch sozusagen Befehl, das Rufzeichen daher passend.

– ein gutes, gesundes neues Jahr; das Jahr mag noch so gesund sein, der mit dem frommen Wunsch Gesegnete kann trotzdem dahinsiechen, wenn es ein strenges Schicksal will. Anders verhält es sich beim glücklichen neuen Jahr. Glücklich kann ja nicht nur eine Person sein, sondern auch eine Situation oder Zeitspanne, die von Glück geprägt ist.

In diesem Sinne: Das neue Jahr sei ebenso glücklich wie der Dialog mit euch zum Thema Text und Sprache intensiv!