Ausdruck macht Eindruck.

Eine Website ist keine Homepage ist keine Webseite

Wenn es bei Ö1 heißt, „Weitere Informationen zu dieser Sendung finden Sie auf unserer Homepage“, dann ist das vermutlich falsch. Denn auf der Ö1-Startseite werde ich die Infos über eine bestimmte Sendung wahrscheinlich nicht finden – da muss ich schon tiefer gehen; und wenn eine Agentur behauptet „hinsichtlich der Gestaltung der eigenen Webseite einen Schritt voraus zu sein“, dann fragt sich: Welche der vielen Webseiten ist hier gemeint, aus denen deren Website höchstwahrscheinlich besteht? Der langen Rede kurzer Sinn: Der Internetauftritt, also das ganze schöne Ding, das ist die Website. Das englische Wort „Site“ hat ja auch nichts mit der deutschen „Seite“ zu tun, sondern heißt „Platz, Ort, Gelände“. Besuche ich eine Website, gelange ich zuerst zur Homepage, also zur ersten Webseite oder auch Startseite; und wenn ich dann noch weiter klicke, dann finde ich meistens noch viele weitere Webseiten. Mehr darüber kann man übrigens auf Wikipedia nachlesen.

Eine lustige Geschichte über „über“

Friedrich Nietzsches „Übermensch“ wurde in der US-amerikanischen Philosophie anfangs als „Superman“ übersetzt – bis eine Comic-Figur gleichen Namens ihm den Rang streitig machte. Daher gingen die amerikanischen Philosophen dazu über, den deutschen Begriff zu verwenden – mit der Folge, dass sich das vorangestellte „über-“ in den USA zur Mode gewandelt hat, um etwas Herausragendes auszudrücken. Einigen Amerikanern geht das schon ein bisschen auf die Nerven. Hier der Artikel dazu aus „Die Welt“.

Wie Sie Ihre Botschaft erfolgreich verschlüsseln.

Wollen Sie Ihre Botschaft erfolgreich vernebeln, dann ignorieren Sie einfach die Bedürfnisse Ihrer Leser und verwirren Sie diese von Anfang an. Schreiben Sie so, dass es möglichst schwer fällt, eine klare Aussage zu erkennen. Das ist gar nicht so schwer. Ein Redakteur des „Wirtschaftsblatt“ macht es  wunderbar vor, wenn er schreibt: „Rekordpreise brachte die erste Zinshaus-Auktion Österreichs, die am Donnerstag in einem Wiener Luxushotel abgehalten wurde, keine.“ Großartig, diese Verwirrungstaktik! Von Anfang an hält der Autor seine Leser geschickt in dem Irrglauben, es wären Rekordpreise erzielt worden – bis dann zum Schluss die furiose Auflösung des Verwirrspiels geliefert wird – ‚reingefallen, liebe Leser, es gab nämlich keine Rekordpreise!

„beide“ oder „die beiden“?

Heute geht es wieder einmal um einen dieser kleinen, feinen Unterschiede in der deutschen Sprache – und zwar jenen zwischen „beide“ und „die beiden“. Meiner Meinung nach ist der Unterschied klar: Das Wort „beide“ hat trennende Bedeutung, „die beiden“ hingegen wirkt verbindend. Folgendes Beispiel macht das vielleicht klarer:

Martha und Leo gingen miteinander ins Kino. Danach gingen beide nach Hause.
Martha und Leo gingen miteinander ins Kino. Danach gingen die beiden nach Hause.

Im ersten Fall wird man annehmen, dass Martha nach Hause ging und Leo auch – aber getrennt.
Der zweite Satz legt nahe, dass Martha und Leo zusammen nach Hause gingen.

Daher: „beide“ ist trennend, „die beiden“ verbindend. Wenn also ein Redakteur in einem Artikel schreibt: „US-Präsident Barack Obama hat […] Xi Jinping […] zum gemeinsamen Kampf gegen Cyber-Spionage aufgefordert. Beide Länder müssten in dieser Frage eine […] Übereinkunft erreichen“, dann klingt das in meinen Ohren nicht sauber. Es sollte heißen „Die beiden Länder müssten in dieser Frage eine […] Übereinkunft erreichen.“ Denn dann ist die gemeinsame Bedeutung betont und nicht die trennende. Eine Übereinkunft können die Länder ja nicht mit sich selbst erreichen, sondern nur gemeinsam.

Anders wäre es beispielsweise, wenn ein Satz lautete: „Beide Länder werden ihre Ideen dazu ausarbeiten und einander beim nächsten Treffen präsentieren.“ Hier wird klar: Sowohl das eine als auch das andere Land arbeitet seine Ideen aus.

Der Unterschied wird übrigens auch durch die Sprachmelodie deutlich. Im ersten Satz liegt die Betonung anders als im zweiten: „Beide Länder …“ versus „Die beiden Länder„. Daher klingt es im ersten Satz eher nach einem „sowohl als auch“, und das kann ja hier nicht gemeint sein.

Unterschätzter Erfolgsfaktor Text

Leider scheint Textqualität mancherorts immer noch ein schwer unterschätztes Kriterium der Kommunikation zu sein. Das zeigt folgendes Beispiel von der Website der Wirtschaftskammer Österreich, Kapitel Immobilienmarketing:

„Ergreifen Sie die Chance, sich von der Mitbewerbung abheben, Ihr Projekt attraktiver machen, Entscheidungswege beim Kunden zu verkürzen und Ihrem Gebäude von vornherein einen besonderen Charakter geben.“

Das hat nichts mehr mit Tippfehlern zu tun, die in der Hektik des Alltags einfach passieren. Nein, dieser Satz zeugt entweder von sprachlicher Inkompetenz oder völliger Ignoranz gegenüber dem Wert schriftlicher Unternehmenskommunikation.

Warum und für wen ist das schlecht?

Die Wirtschaftskammer Österreich ist eine Organisation mit Zwangsmitgliedschaft. Sie wird demzufolge auch durch zwangsweise eingehobene Mitgliedsbeiträge finanziert. Darüber kann man denken, wie man will. Problematisch wird es aber jedenfalls dann, wenn mit diesem Geld Leistungen finanziert werden, deren Qualität das Prädikat „Substandard“ verdient. Dann kommt nämlich der unangenehme Verdacht auf, dass mit dem Budget nicht verantwortungsvoll umgegangen werde – und dass dies möglicherweise anders wäre, wenn die Organisation sich ihr Geld am freien Markt verdienen müsste.

Deshalb ist ein derart grottenschlechter Text gefährlich für die WKO. Wenn so etwas öfter vorkommt, entsteht der Eindruck von Inkompetenz; und hat sich der einmal im Kopf festgesetzt, ist er nur schwer wieder korrigierbar. Langfristig untergräbt die WKO auf diese Weise also ihre eigene Existenzberechtigung als Zwangs-Interessensvertretung.

Brief an den Botschafter, Teil 2

Schönen Freitag Nachmittag,

hier ist der zweite Teil des Botschafter-Briefes von Greenpeace:

„Am Folgetag hat die bewaffnete russische Küstenwache illegaler Weise das Greenpeace International Schiff Arctic Sunrise geentert, während dieses in internationalen Gewässern unterwegs war. 25 Aktivisten wurden an Board verhaftet. Wir fordern die unverzügliche Freilassung von allen festgehaltenen Aktivisten sowie ein Ende der ungerechtfertigten Aggression der Küstenwache gegen unser Schiff und den friedvollen Protest.

Greenpeace International ist in der Russischen Arktis, um Zeugnis abzulegen und eine friedvolle Opposition gegen die zerstörerischen und unverantwortungsvollen Ölbohrpläne der Ölkonzerne zu bilden. Unser friedlicher Protest wurde mit extremer und unverhältnismäßiger Gewalt seitens der russischen Küstenwache erwidert, die 11 Warnschüsse auf unser Schiff – die MY Arctic Sunrise – abgefeuert hat und unsere Aktivisten mit Messern und Pistolen bedrohte. Nun werden 30 unserer Aktivisten durch die russische Küstenwache gegen ihren Willen und ohne Rechtsvertretung festgehalten.“

Der erste Satz ist im Grunde ganz in Ordnung, weist aber ein paar stilistische Schwachstellen auf: 1.) „illegaler Weise“ klingt etwas hölzern; so etwas schreibt man besser zusammen, also „illegalerweise“. 2.) Noch besser ist es aber, den Hinweis auf die Illegalität in einen eigenen Satz zu packen, das macht die Aussage stärker. 3.) Wenn man Markennamen und Hauptwörter zusammenfügt, so gehören sie mit Bindestrich verbunden. Wenn der Markenname aus zwei Begriffen besteht, muss man zwischen diesen beiden auch einen Bindestrich setzen, also z.B.: die Red-Bull-Dose, oder, wie in diesem Fall, das Greenpeace-International-Schiff. Wenn dann noch ein Eigenname dazu kommt, würde ich ihn zwecks besserer Unterscheidbarkeit unter Anführungszeichen setzen, also „Arctic Sunrise“.

Hier mein Vorschlag für die ersten beiden Sätze: „Am Folgetag hat die bewaffnete russische Küstenwache das Greenpeace-International-Schiff „Arctic Sunrise“ geentert. Diese Aktion war illegal, da das Schiff in internationalen Gewässern unterwegs war.“

So geht es im Original weiter:

„25 Aktivisten wurden an Board verhaftet. Wir fordern die unverzügliche Freilassung von allen festgehaltenen Aktivisten sowie ein Ende der ungerechtfertigten Aggression der Küstenwache gegen unser Schiff und den friedvollen Protest.“

Zum ersten Satz: Wenn von einem Flugzeug oder einem Schiff die Rede ist, schreibt man nicht „an Board“, sondern „an Bord“. Das „Board“ ist ein Brett, z.B. ein Surfboard oder ein Snowboard. Der zweite Satz weist eine vermeidbare Wiederholung des Begriffes „Aktivisten“ auf; es empfiehlt sich, statt dessen z.B. „Personen“ zu schreiben. Außerdem würde ich statt der Formulierung im 3. Fall „von allen festgehaltenen Personen“ jene im Genitiv „aller festgehaltenen Personen“ empfehlen – spart ein Wort und klingt eleganter. Generell kristalliert sich im Laufe meiner Arbeit folgende Regel heraus: Falls beides möglich ist, eher Nominativ als Genitiv und eher Genitiv als Dativ verwenden; also: 1. Fall vor 2. Fall vor 3. Fall.

Die beiden Sätze neu: „25 Aktivisten wurden an Bord verhaftet. Wir fordern die unverzügliche Freilassung aller festgehaltenen Personen sowie ein Ende der ungerechtfertigten Aggression der Küstenwache gegen unser Schiff und unseren friedvollen Protest.“

Nächster Satz: „Greenpeace International ist in der Russischen Arktis, um Zeugnis abzulegen und eine friedvolle Opposition gegen die zerstörerischen und unverantwortungsvollen Ölbohrpläne der Ölkonzerne zu bilden.“

Hier gibt es zwei Fehler: 1.) Zwei Mal „und“ innerhalb eines Satzes klingt nicht sehr souverän; ein „und“ würde ich daher durch „sowie“ ersetzen. 2.) Das Wort „unverantwortungsvoll“ ist Unsinn. Da kratzt sich wohl jemand gern mit dem rechten Zeh am linken Ohr. 3.) „eine friedvolle Opposition bilden“ ist eine recht geschwollene Formulierung; einfacher ist prägnanter; Zeitwörter sind besser als Hauptwörter.

Besser klingt der Satz daher so: „Greenpeace International ist in der Russischen Arktis, um Zeugnis abzulegen und friedvoll gegen die zerstörerischen sowie verantwortungslosen Bohrpläne der Ölkonzerne vorzugehen.“

Der nächste Satz im Brief lautet: „Unser friedlicher Protest wurde mit extremer und unverhältnismäßiger Gewalt seitens der russischen Küstenwache erwidert, die 11 Warnschüsse auf unser Schiff – die MY Arctic Sunrise – abgefeuert hat und unsere Aktivisten mit Messern und Pistolen bedrohte.“

Hauptprobleme hier sind die Länge und der unnötige Einschub, der den Lesefluss stört. Der Satz klingt in dieser Form nicht professionell. Am besten, man teilt ihn in zwei getrennte Aussagen. Außerdem ist es für das Verständnis nicht hilfreich, plötzlich mit der Abkürzung „MY“ hier aufzutauchen. Dann würde ich auch noch empfehlen, die drei „und“ im gleichen Satz zu vermeiden.

Mein Vorschlag: „Unser friedlicher Protest wurde mit extremer und unverhältnismäßiger Gewalt seitens der russischen Küstenwache erwidert. Diese feuerte 11 Warnschüsse auf unser Schiff ab und bedrohte unsere Aktivisten mit Messern sowie Pistolen.“

Wir kommen  zum letzten Satz für heute:
„Nun werden 30 unserer Aktivisten durch die russische Küstenwache gegen ihren Willen und ohne Rechtsvertretung festgehalten.“

Na bitte, geht doch. An diesem Satz habe nicht einmal ich etwas auszusetzen ;-).

Wie man einen Brief an einen Botschafter (nicht) schreibt

Ab heute gibt’s auf diesem Kanal einen Online-Textkurs – zumindest vorübergehend. Anlass dafür ist ein Brief von Greenpeace an die russische Regierung, welcher derzeit in den Sozialen Medien kursiert. Es geht dabei um die absolut untragbare Aktion der russischen Küstenwache gegen Aktivisten der Umweltschschutz-Organisation. Aber das soll hier nicht Thema sein. Vielmehr werde ich den furchtbar schlecht geschriebenen Brief in mehreren Folgen dieses Blogs kommentieren und Verbesserungsvorschläge bringen. Es geht los. Folge 1:

„Sehr geehrter Botschafter Sergej Netschajew!

Am Morgen des 18. Septembers wurden zwei Greenpeace International-Aktivisten festgenommen, während sie friedvolle Proteste gegen die Ölbohrplattform Prirazlomnaya von Gazprom tätigten, um den Konzern dazu aufzufordern, keine weiteren Ölbohrungen in arktischen Gewässer vorzunehmen, wie in diesem Fall in der Petschorasee.“

Der Satz beginnt schon mit einem Stilfehler: „des 18. Septembers“. Das Genitiv-s hat bei Eigennamen nichts verloren; das klingt einfach schlecht. Man sagt ja auch nicht: „Das Fahrrad des Tonis.“ Es geht gleich hurtig weiter mit falsch gesetzten Bindestrichen bei der Bezeichnung der betroffenen Personen. Richtig wäre „Greenpeace-International-Aktivisten“. Will man so einen Wortwurm nicht erzeugen – kein Problem. Dann schreibt man halt einfach „Aktivisten von Greenpeace International“. In der letzten Zeile dann folgt ein schwerer Grammatikfehler. Mit Fällen sollte man sich auskennen, wenn man einen Brief an einen hohen Amtsträger schreibt; „in arktischen Gewässer“ klingt wie aus einem schlechten Volksschul-Aufsatz und steigert wahrscheinlich nicht die positive Wirkung des Schreibens beim betreffenden Empfänger. Insgesamt ist der Satz viel zu lang und verschachtelt. Mit 40 Wörtern übersteigt er die Grenze der Verständlichkeit von 25 Wörtern massiv, klingt hölzern und unbeholfen – wie der ganze Rest des Schreibens. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Erstens – mehrere Botschaften werden in einen Satz gequetscht, anstatt ganz entspannt einen schlanken Hauptsatz dem nächsten folgen zu lassen; zweitens – eine unnötig komplizierte und nach Amtsdeutsch klingende Hauptwort-Formulierung: „friedvolle Proteste tätigen“ statt einfach „friedvoll protestieren“. Zum Schluss: Das Weglassen der Anführungszeichen beim Eigennamen „Prirazlomnaya“ ist nicht schlimm, aber auch ein kleiner Fehler.

Hier mein Verbesserungsvorschlag:

„Sehr geehrter Botschafter Sergej Netschajew!

Am Morgen des 18. September wurden zwei Aktivisten von Greenpeace International festgenommen, als sie friedvoll gegen die Ölbohrplattform ‚Prirazlomnaya‘ von Gazprom protestierten. Sie wollten den Konzern dazu auffordern, keine weiteren Ölbohrungen in arktischen Gewässern vorzunehmen, wie in diesem Fall in der Petschorasee.“

Nächstes Mal geht’s weiter – bis dann!

Über die Oder-Mode

Und oder oder? Aus gegebenem Anlass schreibe ich Artikel Nr.2 zu diesem Thema. In einem Sozialen Netzwerk steht Folgendes zu lesen: „Das Wiener Start-up blossom konnte sich bereits Twitter, Spotify, Facebook oder Apple als Kunden angeln.“ Diese Oder-Mode nervt langsam. Warum haben manche Menschen so eine Vorliebe für „oder“ an  Stellen, wo es nicht hingehört? Konnte das Wiener Start-up nur eines der vier Unternehmen als Kunden gewinnen? Wohl kaum – alle vier sind gemeint: Twitter, Spotify, Facebook und Apple. Na bitte, dann schreibt es doch einfach so!

Es lebe der Kauderwelsch!

Was die Textqualität betrifft, ist man ja von dem österreichischen Nachrichtenportal mit dem blauen Hintergrund so einiges gewöhnt. Aber das hier toppt alles bisher Dagewesene: